Allrounder oder mehr Biss? Schwalbes Gravel-Reifen im Vergleich

Schaut man sich das mittlerweile enorm breite Angebot an Gravel-Reifen an, stellt sich schnelle eine Frage: Welcher ist der Beste für meine Anforderungen? Und: Wie viel Stollen brauche ich wirklich. Mehr Stollen bedeutet meistens mehr Gripp im Gelände, der durch ein schlechteres Abrollverhalten auf der Straße erkauft wird. Also was ist einem wichtiger: mehr Sicherheit im Gelände oder schneller und entspannter auf der Straße zu sein? Einen möglichst guten Kompromiss zu finden ist der Schlüssel. Und der kann für jeden anders aussehen, da Gravel-Fahren sehr unterschiedlich definiert wird: Wie ist das Verhältnis zwischen Straße- und Gelände-Kilometer, wie extrem sind die Ausflüge im Gelände usw.

Das Test-Setting: Schwalbe G-One Allround vs. G-One Bite

Ich habe beide Modelle jetzt über mehrere Monate abwechselnd oder auch kombiniert gefahren, überwiegend auf Schotterpisten und Feldwegen. Aber auch im schweren Gelände und auf der Straße. Beide Versionen nutzte ich von Anfang an tubeless. Die Montage verlief bei beiden Modellen unauffällig einfach. Die Schwalbe-Reifen in der nominellen Breite von 40 mm fielen auf meinen Fulcrum-Felgen etwas schmaler aus – um die 36–38mm. Das ist sicherlich eine interessante Info für Fahrer, die nicht viel Platz in ihrem Rahmen haben. Ich denke, eine Reifenbreite von 40 mm hat sich mittlerweile als goldene Mitte etabliert – breit genug für mehr Komfort und noch schmal genug, um nicht zu viel Agilität und Spritzigkeit zu verlieren. Beide Reifenmodelle weisen eine Vielzahl von kleinen Noppen als Stollen auf. Der G-One Bite hat etwas größere mit mehr Abstand. Das soll noch etwas mehr Biss im Gelände bringen.

Wer aber einen wirklich schnellen Reifen für trockene Böden und viele Straßenkilometer sucht, sollte sich mal den Artikel „Schwalbe G-One Speed Gravel Reifen im Test – Speed steht für Rennradfeeling“ anschauen.

 

Die Optik

Beide Gravel-Reifen sehen auf den Felgen etwas wuchtig und ballonartig aus. Der G-One Allround wirkt eher wie ein etwas gröberer Trekking-Reifen – bereit zum Kilometer fressen. Durch die gröberen Noppen wirkt der G-One Bite etwas potenter fürs Gelände und lädt zur Abenteuer-Tour durch den Wald ein. Beide Versionen gibt es auch mit Tan Wall – einer Cremefarbenen Seitenwand. Besonders an schlichten, dunklen Bikes sieht das echt cool aus! Bei wilderen Rahmendecors würde ich immer die komplett schwarze Version wählen.

Ich würde sagen, beim Thema Optik geht‘s unentschieden aus.

Zwischenstand: Allround: 1 – Bite: 1

 

Performance auf der Straße

Hier gab’s für mich die erste Überraschung: Anhand des Profildesign würde ich eigentlich erwarten, dass der G-One Allround deutlich leichter und ruhiger läuft als der G-One Bite. Aber ganz ehrlich: Ich konnte keinen Unterschied feststellen! Beide rollen ordentlich schnell und leise über den Asphalt. Erst bei schnellen Kurven mit starker Schräglage fängt der Bite an, über die Seitenstollen zu hoppeln und macht das Fahrgefühl etwas unsicherer, bleibt aber trotzdem in der Spur. Da profitiert der Allround von seinem gleichmäßigen Profil und abgerundeten Kanten. Er fährt sich etwas mehr wie ein Rennrad-Reifen.

Hier sehe ich leichte Vorteile für den G-One Allround, wobei der Vorsprung nicht so groß ist.

Zwischenstand: Allround: 2 – Bite: 1

 

G-One Allround
G-One Allround

Fahreindruck auf Schotter

Die Reifen sind für Schotterpisten oder Waldautobahnen gemacht und das merkt man. Hier verhalten sich beide sehr unauffällig und ein wirklicher Unterscheid ist für mich auch nicht spürbar. Erst wenn man dem Rad die Sporen gibt, aggressiver durch die Kurven düst und impulsiv Anstiege im Wiegestritt hochsprintet, merkt man, dass der G-One Bite etwas mehr Grip aufbauen kann und später wegrutscht oder durchdreht. Der Reifen fühlt sich subjektiv etwas weicher und geschmeidiger an – was dem Grip zugute kommt, ihn aber empfindlicher für Durchschläge macht. Da scheint die Karkasse und der gesamte Aufbau des G-One Allround mehr vertragen zu können. Mit ordentlicher Pannenmilch würde ich den Allround fast schon als unplattbar bezeichnen.

Der eine ist sportlicher der andere pannensicherer – also unentschieden.

Zwischenstand: allound: 3 – Bite: 2

 

 

G-One Bite
G-One Bite

Im Gelände und auf Trails

Hier ist mein Eindruck sehr eindeutig: Der G-One allound ist ein sehr guter Gravel-Reifen, wenn’s um lange Gravel-Touren geht. Er nimmt dir keinen Abstecher ins Gelände übel und hat trotz kleiner Stollen schon recht viel Grip. Erst bei weichem Boden kommt er an seine Grenzen, weil sich die Stollen zusetzen. Aber wenn du es etwas wilder magst und auf Trails oder im Wald richtig Gas geben willst, ist der G-One Bite noch mal einen Tick besser. Er hat einfach mehr Platz zwischen den Stollen. Dadurch kann sich weniger Dreck festsetzen und mehr Grip aufbauen. Auch in den Kurven kannst du auf seine Stollen vertrauen – hier hast du viel Seitenhalt und er fährt sich fast wie ein Cross-Reifen. Durch sein ballonartiges Volumen um die recht weiche Karkasse kann er auch Stöße und Schläge gut abmildern. Natürlich ist der bite nicht so wendig und spritzig wie z.B. Cross-Reifen mit 33 mm Breite. Dafür zieht er aber sicher seine Spur – auch durch weiche Böden.

Erwartungsgemäß klarer Punktgewinn für den G-One Bite!

Zwischenstand: Allround: 3 – Bite: 3

 

 

 

 

Fazit: Tops und Flops

G-One Allround

Der G-One Allround ist in meinen Augen ein sehr guter Gravel-Reifen, der an vielen Stellen zu überzeugen weiß. Er ähnelt vom Fahreindruck einem Rennradreifen und behält diese Eigenschaft auf vielen verschiedenen Untergründen bei. Für ihn sprechen nach meiner Erfahrung vor allem die Pannensicherheit und nach fast 1.000 km eine kaum sichtbare Abnutzung. Negativ würde ich bewerten, dass er nicht ganz zu meiner Fahrweise passt. Er ist leicht zu überfordern, wenn man richtig Gas gibt, auch gröberes Gelände nicht scheut und nicht nur geradeaus fährt. Ich denke, er ist der richtige Gravel-Reifen, wenn der Straßen-Gelände-Mix ausgewogen ist.

 

G-One Allround
G-One Allround

 

G-One Bite

Der G-One Bite ist der bessere Reifen, sobald du die Straße verlässt. Auf der Straße ist der Reifen nicht viel schlechter als der G-One Allround. Deswegen ist er für mich der bessere Gravel-Reifen, wenn der Schotter- und Wald-Anteil beim Straßen-Gelände-Mix überwiegt. Selbst im groben Gelände und auf den Trails lässt er dich nicht im Stich und kann mit seinem großen Volumen Schläge gut abmildern. Das Plus an Gripp und Geschmeidigkeit erkauft man sich mit ein wenig mehr Verschleiß und Pannenanfälligkeit. Dies liegt jedoch noch in einem sehr verkraftbaren Bereich. Das Einzige, was mich am G-One Bite wirklich nervt, sind die kleinen Steinchen, die sich beim Fahren zwischen den Noppen festklemmen und sich durch ein ständiges Klacken bemerkbar machen.

 

G-One BiteG-One Bite

„Meine Beine sprechen für mich.“

Previous Post
Next Post

No Comments

Leave a Reply