Helme sehen scheiße aus und machen auch noch die Frisur kaputt. Mag sein. Mit Fahrradhelm fährt man riskanter. Bezweifle ich. Es gibt viele Argumente für oder gegen das Tragen eines Fahrradhelms. Hier kommt meine ganze eigene Geschichte: Warum ich heute einen Helm trage. Wie man sich an das Helmtragen gewöhnt. Und wieso ich über 8 Jahre gebraucht habe, meine Eitelkeit zu besiegen…
Ich erinnere mich noch als wäre es gestern gewesen: Ich saß in der Uni und wurde von meinem vibrierenden Handy aus der Vorlesung gerissen. „Papa ist auf dem Weg ins Krankenhaus“ stand in meinem WhatsApp-Verlauf. Fahrradunfall. Ein gebrochenes Handgelenk, zwei gebrochene Rippen, eine gestauchte Schulter und jede Menge Platzwunden… doch sein Kopf blieb unverletzt. Er hatte einen Helm getragen.
Als ich später am Abend mit meiner Familie im Krankenhaus stand, fand der Arzt klare Worte: „Hätte er den Helm nicht getragen, wäre er jetzt mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr unter uns.“ Meine Mutter hing daraufhin den Unfallhelm mit seinen Blutflecken und herausgebrochenen Styroporteilchen gut sichtbar an den Kleiderhaken im Flur. Er sollte uns Kindern als Warnung dienen – bis zu diesem Zeitpunkt waren wir nämlich ausschließlich ohne Helm unterwegs.
Und ich schäme mich fast zu sagen: Ich war es auch danach noch. Klar, der Schock saß tief und die ersten zwei, drei Fahrten setzte ich mir alibimäßig meinen uralten Sturzhelm auf. Dann ließ ich es wieder bleiben.
Warum fällt das Helmtragen so schwer?
Zugegeben: Ja, es ist nervig einen Helm zu tragen. Mich stören schon Haargummis in den Haaren – geschweige denn ein sperriger Styropor-Klotz auf dem Kopf. Und wenn die Frisur mal richtig gut sitzt – sei dir sicher: Nach dem Helmtragen tut sie es nicht mehr! Außerdem schwitzt man unterm Helm. Machste nix.
Vor etwas über einem Jahr arbeitete das Verkehrsministerium für eine Fahrradhelm-Kampagne mit den Finalistinnen von „Germanys Next Topmodel“ zusammen. Die bahnbrechende Erkenntnis der Kampagne: „Looks like shit. But saves my life.“ Das ist leider so banal wie wahr. Helmtragen rettet Leben. Mehr Argumente braucht es nicht.
Sicherheit vor Eitelkeit
Würde der Mensch immer logisch handeln, wären viele Probleme unserer Gesellschaft gelöst. Aber er tut es nicht. Also können wir nur versuchen für Aufklärung zu sorgen und Argumente für einen verantwortungsvollen Umgang im Straßenverkehr zu liefern. Ich sag mal so: Helme funktionieren wie Kondome. Die benutzt man auch, um etwas zu verhindern, was nur möglicherweise eintritt.
Na gut, der war schlecht. Ich weiß. Ich bin ja selbst meine größte Widersacherin. Wie ist es also dazu gekommen, dass ich jetzt doch einen Fahrradhelm trage?
Sagen wir mal so: Wer nicht hören will, muss spüren.
Acht Jahre nach dem besagten Fahrradunfall bin ich mal wieder auf dem Weg zur Arbeit – mit dem Rad – wie jeden Tag. Ich fahre gedankenlos und helmlos meine übliche Strecke. Stehe vor einer roten Ampel (die Betonung liegt auf STEHE: Das sind 0 km/h!). Und liege eine Millisekunde später platt und verwirrt auf dem Boden. Was ist passiert? Ein anderer Radfahrer ist mit voller Wucht seitlich in mich reingekracht. Es war kein Ach-so-böser-Autofahrer. Es war „einer von uns“. Auch das kann passieren.
Glücklicherweise gingen keine Verletzten aus diesem Zusammenstoß hervor. Aber er hat mich zum Nachdenken gebracht: Wenn ich auch nur ein paar km/h schneller gewesen wäre, hätte der Unfall schon ganz anders aussehen können. Und der Kopf – bei vielen Menschen das wichtigste Körperteil – landet immer als erstes am Boden…
Reine Routine
Man sagt, es dauert 21 Tage, um eine Gewohnheit zu ändern. 21 Tage, an denen ich aus der Haustür raus und wieder zurück gegangen bin – weil ich den Helm vergessen habe. Kurz nach dem Mini-Unfall habe ich mein verhasstes Uralt-Modell in die Tonne geworfen und einen neuen Helm besorgt. Der ist zwar immer noch keine Augenweide, aber immerhin die Farbe gefällt mir. Das hat es erträglicher gemacht.
Dann habe ich „meinen Neuen“ zentral im Flur platziert, jeden Tag stur aufgesetzt – und gemerkt: So schlimm ist es gar nicht. Seien wir mal ehrlich: Bad Hair Days fallen sowieso nur uns selber auf. Denn so genau gucken die Kollegen und Freunde gar nicht hin! Und nach 21 Tagen war der Griff zum Kleiderständer tatsächlich Gewohnheit geworden.
Es hat nur 8 Jahre und 21 Tage gedauert. Wie lange brauchst du?*
*Und warte jetzt bitte nicht, bis du selber eine Nahtoderfahrung machst, die dich überzeugt.
// Bilder: bikefolks.de
Ich habe mir mit dem Rad auch gleich einen Helm dazugekauft – der hat aber auch grauslich ausgeschaut…
Aber nachdem ich ein paar Helme von Freunden/Bekannten nach ihren Stürzen gesehen habe, war ich überzeugt.
Es hat zwar eine Weile gedauert, bis ich den „richtigen“ Helm – was die Form, Farbe, Style-Factor etc. betrifft – gefunden habe, aber jetzt fahre ich sogar im Dorf die 500 Meter ins Kaffeehaus mit Helm…
Es sieht so aus, als hättest du die gleichen Erfahrungen gemacht wie ich! Super, keep up with that! 🙂
Es ist sicher sinnvoll zum Schutz einen Helm zu tragen, auch wenn man ihn hoffentlich nie braucht.
Deine Aussage „Und der Kopf –… – landet immer als erstes am Boden“ ist aber schlicht falsch.
Viele Grüße
Thomas
[…] Dasselbe gilt für den Fahrradhelm – und nicht nur im Herbst. Falls du ihn schon trägst – super! Falls nicht – bitte tu es, für deine eigene Sicherheit. Wie du dich dran gewöhnst, erfährst du übrigens hier! […]